W&P Kommentar
München, 07.12.2020

Wird das StaRUG zur Haftungsfalle für den CFO?

Kommentar von Dr. Volkhard Emmrich, Managing Partner bei Dr. Wieselhuber & Partner (W&P)
Dr. Volkhard Emmrich
Senior Advisor 

Das StaRUG (Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen) verändert die Pflichten und Risiken des CFO und damit sein Zusammenspiel mit Überwachungsorganen und Gesellschaftern gravierend, unabhängig davon, ob das Unternehmen in der Krise ist oder nicht. Die Regelung ist an prominenter Stelle getroffen: In §1 und §2. Ursache hierfür ist die neu befristete und neu ausformulierte drohende Zahlungsunfähigkeit und der damit eintretende Shift of Duties.

Sinn und Zweck der Regelung im Teil 1 ist es, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung bestmöglich zu verhindern.

Drohende Zahlungsunfähigkeit tritt ein, wenn die Durchfinanzierung des Unternehmens nicht für zumindest 24 Monate mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Klingt einfach, umfasst in der Praxis aber konkret die Refinanzierungsfähigkeit aller endfälligen Darlehen, also auch von Anleihen, Schuldscheinen und von Mezzaninekapital. Zu bewerten sind zudem alle Vertrags- und sonstigen Risiken mit Liquiditätswirkung, also z.B. Prozessrisiken, mögliche Forderungsausfälle aber auch Veränderungen der WKV Limits.

Verletzt der CFO seine Verpflichtung ein Frühwarnsystem zu implementieren, das nachweisbar auf Veränderungen reagiert, versäumt er es frühzeitig Restrukturierungsmaßnahmen zu ergreifen, so hat er ein Problem. Er läuft Gefahr – natürlich ex post betrachtet wie bei Anfechtungen üblich – für Schäden der Gesellschaft und der Gläubiger in Anspruch genommen zu werden. Der Grund ist banal: Mit Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit ändert sich seine Verpflichtung. Seine Treuepflicht gilt dann primär gegenüber den Gläubigern und nur sekundär gegenüber den Gesellschaftern (Shift of Fiduciary Duties).

Auch die Überwachungsorgane werden in die Pflicht genommen. Sie müssen das richtige Verhalten des CFO einfordern und überwachen.

Organe, aber auch Gesellschafter tun also gut daran zu verinnerlichen, dass die Durchfinanzierung bereits jetzt für 2021 und 2022 sicherzustellen ist.

To Do’s zur Risikobegrenzung

  • Risiken antizipieren 
    Es sind Szenarien aufzusetzen, die klarmachen, welche EBITDA Risiken vorliegen bzw. in den nächsten 24 Monaten auftreten können, und wo Gefahren für eine Erhöhung der Verschuldung lauern.
  • Langfristig planen 
    Planungen müssen künftig integriert sein und einen Zeitraum von 24 Monaten abbilden. Der Cashflow ist sauber aus GuV und Bilanz abzuleiten. Das Ganze erfolgt revolvierend mit jedem Forecast für 24 Monate.
  • Kritisch hinterfragen
    Wachstums- und CAPEX-Strategien sind hinsichtlich ihrer Durchfinanzierungseffekte kritisch zu hinterfragen. Für mögliche EBITDA-Rückgänge stehen sinnvollerweise „Reserve“-Maßnahmen bereit, die Abhilfe schaffen.

Diese Maßnahmen werden periodisch in den Aufsichtsorganen diskutiert, mit den Gesellschaftern bzw. ihren Vertreter abgestimmt und entsprechend dokumentiert. Besonderen Stellenwert wird die Durchfinanzierung dann haben, wenn z.B. eine Leveraged Buy Out-Finanzierung mit einer ambitionierten Planung unterlegt wurde, es dann im Markt aber doch schlechter als geplant läuft.

Die Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen ist also nicht auf „Krisenfälle“ und Restrukturierungen beschränkt, sondern wird den Arbeitsalltag eines jeden CFO´s deutlich verändern.
 
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