Green Finance: Fitnessprogramm für die Nachhaltigkeitsstrategie
Kommentar von Christian Groschupp, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Competence Center Finanzierung bei Dr. Wieselhuber & Partner
Christian Groschupp
Partner
Der Markt für ESG-Finanzprodukte (Environment, Social, Governance) wächst 2021 rasant, das Volumen nachhaltig verwalteter Investmentfonds hat sich in Deutschland im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht. Nicht verwunderlich also, dass das Thema ESG auch auf die Unternehmensfinanzierung durchschlägt. Kreditinstitute berücksichtigen bei Bonitätsbewertung und Steuerung ihrer Kreditportfolien zunehmend die steigenden ESG-Vorgaben und Selbstverpflichtungen zu Nachhaltigkeitskriterien. Bei den Emissionen von ESG-Anleihen wird 2021 ein Wachstum von 60% prognostiziert, wobei die Anzahl derjenigen Unternehmen, die erstmals einen nachhaltigen Bond emittiert, um das Fünffache steigen wird. Zur Messung der Nachhaltigkeitskriterien existieren mittlerweile etablierte Ratings und ein Rahmenwerk, wie z.B. der der Deutschen Nachhaltigkeitskodex.
Mittelstand als „ESG-Zuschauer“
Gründe genug, dass auch der Mittelstand das Thema oben auf die CFO-Agenda setzt. Doch: Noch ist Green Finance das Spielfeld von Großkonzernen. Schließlich dominieren bei den Finanzprodukten heute die sog. ESG-Purpose Finanzierungen, bei denen die Mittelverwendung an einen bestimmten nachhaltigen Verwendungszweck gebunden ist. Diese Zweckbindung von Anleihen und Schuldscheinen ist für die Finanzierung viele Mittelständler nicht passend und umsetzbar. ESG-Kredite hingegen, bei denen die Zinskonditionen an bestimmte Nachhaltigkeitsziele auf Unternehmensebene gekoppelt werden, bieten eine deutlich größere Flexibilität. Die praktische Umsetzung im Mittelstand ist dennoch rar, denn der konkrete Preisvorteil nachhaltiger Darlehen ist noch überschaubar und spielt unter reinen Kosten-Nutzen Gesichtspunkten in der Finanzierungspraxis des Mittelstands keine wirkliche Rolle.
Dabei sollte der Mittelstand gerade jetzt Green Finance als „Fitnessprogramm“ für das eigene Unternehmen nutzen! Wer sich das nicht zutraut, läuft Gefahr in einem sehr dynamischen Umfeld schon bald von Anforderungen der Regulatorik und der Finanzierer überrollt zu werden. Heute besteht noch die Möglichkeit, die Spielregeln des Green Finance in der Praxis „zu üben“ und ohne erhebliche Kostennachteile bei Bedarf den Steuerungsrahmen nachzujustieren. Zu warten, bis Green Finance ein Pflichtbestandteil der Finanzierung sein wird, ist keine kluge Taktik – besser schon heute eine Nachhaltigkeitskomponente proaktiv bei den Finanzierern einfordern.
Ohne Nachhaltigkeitsstrategie, keine ESG-konformen Finanzierungen
Green Finance kann jedoch nicht losgelöst von einer durchgängigen Nachhaltigkeitsstrategie auf Unternehmensebenen betrachtet werden. Die Mehrzahl der kleinen und mittelständischen Unternehmen assoziiert das Thema Nachhaltigkeit noch rein mit dem Aspekt des Umweltschutzes. Es mangelt häufig an einem übergreifenden Verantwortungsbewusstsein, welches die gesamte Lieferkette und die Unternehmensführung miteinbeziehen. Stringente Nachhaltigkeitsziele zu verankern und notwendige Transparenz zu schaffen, sind ein nicht zu unterschätzender Aufwand für die Organisation. Hinzu kommt, dass die Akzeptanz der eigenen Kunden hinsichtlich höherer Kosten für nachhaltig produzierten Güter und Dienstleistungen gerade im Mittelstand oft nicht hoch eingeschätzt wird. Es braucht die innere Überzeugung von Gesellschaftern und Führungsspitze zur Nachhaltigkeit, um die eigene Organisation und letztlich die Kunden von höheren Preisen zu überzeugen.
Nachhaltiges Wirtschaften fördert die Resilienz der Unternehmen in Krisensituationen und steigert die Attraktivität für Mitarbeiter - die meist größte Quelle des Unternehmenserfolges. Besonders deshalb sollten sich mittelständische Unternehmen aus ressourcenintensiven Branchen frühzeitig mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen. Sonst laufen sie Gefahr, keinen Zugang mehr zu notwendigen Finanzmitteln für den Umbau des Geschäftsmodells zu erhalten – künftige Fitness adé.
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Green Finance: Fitnessprogramm für die Nachhaltigkeitsstrategie
Mittelstand als „ESG-Zuschauer“
Gründe genug, dass auch der Mittelstand das Thema oben auf die CFO-Agenda setzt. Doch: Noch ist Green Finance das Spielfeld von Großkonzernen. Schließlich dominieren bei den Finanzprodukten heute die sog. ESG-Purpose Finanzierungen, bei denen die Mittelverwendung an einen bestimmten nachhaltigen Verwendungszweck gebunden ist. Diese Zweckbindung von Anleihen und Schuldscheinen ist für die Finanzierung viele Mittelständler nicht passend und umsetzbar. ESG-Kredite hingegen, bei denen die Zinskonditionen an bestimmte Nachhaltigkeitsziele auf Unternehmensebene gekoppelt werden, bieten eine deutlich größere Flexibilität. Die praktische Umsetzung im Mittelstand ist dennoch rar, denn der konkrete Preisvorteil nachhaltiger Darlehen ist noch überschaubar und spielt unter reinen Kosten-Nutzen Gesichtspunkten in der Finanzierungspraxis des Mittelstands keine wirkliche Rolle.
Dabei sollte der Mittelstand gerade jetzt Green Finance als „Fitnessprogramm“ für das eigene Unternehmen nutzen! Wer sich das nicht zutraut, läuft Gefahr in einem sehr dynamischen Umfeld schon bald von Anforderungen der Regulatorik und der Finanzierer überrollt zu werden. Heute besteht noch die Möglichkeit, die Spielregeln des Green Finance in der Praxis „zu üben“ und ohne erhebliche Kostennachteile bei Bedarf den Steuerungsrahmen nachzujustieren. Zu warten, bis Green Finance ein Pflichtbestandteil der Finanzierung sein wird, ist keine kluge Taktik – besser schon heute eine Nachhaltigkeitskomponente proaktiv bei den Finanzierern einfordern.
Ohne Nachhaltigkeitsstrategie, keine ESG-konformen Finanzierungen
Green Finance kann jedoch nicht losgelöst von einer durchgängigen Nachhaltigkeitsstrategie auf Unternehmensebenen betrachtet werden. Die Mehrzahl der kleinen und mittelständischen Unternehmen assoziiert das Thema Nachhaltigkeit noch rein mit dem Aspekt des Umweltschutzes. Es mangelt häufig an einem übergreifenden Verantwortungsbewusstsein, welches die gesamte Lieferkette und die Unternehmensführung miteinbeziehen. Stringente Nachhaltigkeitsziele zu verankern und notwendige Transparenz zu schaffen, sind ein nicht zu unterschätzender Aufwand für die Organisation. Hinzu kommt, dass die Akzeptanz der eigenen Kunden hinsichtlich höherer Kosten für nachhaltig produzierten Güter und Dienstleistungen gerade im Mittelstand oft nicht hoch eingeschätzt wird. Es braucht die innere Überzeugung von Gesellschaftern und Führungsspitze zur Nachhaltigkeit, um die eigene Organisation und letztlich die Kunden von höheren Preisen zu überzeugen.
Nachhaltiges Wirtschaften fördert die Resilienz der Unternehmen in Krisensituationen und steigert die Attraktivität für Mitarbeiter - die meist größte Quelle des Unternehmenserfolges. Besonders deshalb sollten sich mittelständische Unternehmen aus ressourcenintensiven Branchen frühzeitig mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen. Sonst laufen sie Gefahr, keinen Zugang mehr zu notwendigen Finanzmitteln für den Umbau des Geschäftsmodells zu erhalten – künftige Fitness adé.