W&P Kommentar
München, 22.04.2015

Think global! Finanzierung von Familienunternehmen

Kommentar von Dr. Volkhard Emmrich, Managing Partner bei Dr. Wieselhuber & Partner
Dr. Volkhard Emmrich
Managing Partner 

Niedrigzinsphase, Liquiditätsüberschuss und politische Bankenfinanzierung - das Thema Unternehmensfinanzierung erscheint auf den ersten Blick momentan nicht besonders problematisch. Sieht man aber genauer hin, stellen die Globalisierung von Wertschöpfungsketten sowie die zunehmende Digitalisierung von Geschäftsmodellen und Branchen zusätzliche Anforderungen an die Struktur der Finanzierung. Das ist häufig eine selten bedachte Herausforderung - gerade bei Familienunternehmen.

In Familienunternehmen kennt das Management das Geschäft und stellt entsprechend geringe Anforderungen an das Reporting. Engpass Finanzierung? Den gibt es kaum. Die Hausbanken haben seit Jahren eine enge Beziehung zum Unternehmen und sind stolz auf ihren "Hidden Champion". Entwickelt sich das Unternehmen, wird expandiert, werden weltweit Strukturen aufgebaut und die Betriebsmittellinien und Investitionskredite einfach nachgezogen. Der Unternehmer wird vom neu entdeckten Corporate Banking mit günstigen Konditionen umworben. Zeichnet sich temporär eine Eigenkapitalschwäche ab? Kein Problem, Banken bringen auch das entsprechende Mezzaninkapital im Paket mit der Fremdmittelfinanzierung mit. Häufig wird die Finanzierung auf die Cashflows des Inlands abgestellt, denn eine Stammhausfinanzierung ist simpel und lässt sich leicht umsetzen.

Spannend wird es allerdings, wenn man globale Wertschöpfungsstrukturen und den richtigen "global Footprint" genauer unter die Lupe nimmt, denn: Um Strukturen vor Ort aufzubauen, Working Capital und den Absatz zu finanzieren, sind hohe Mittel notwendig - die meist aus dem Stammhaus abfließen. Werden in der Aufbauphase auch noch die Bestellungen vom Stammhaus ausgelöst, laufen Kreditoren in Deutschland auf, während Materialien bereits im neuen Produktionsstandort verarbeitet und auch verkauft werden. Gesellschaftsrechtliche Mehrheitsverhältnisse, wie zum Beispiel in Joint-Ventures, verhindern aber den Transfer von Liquidität in eine andere Gesellschaft und häufig sind Übertragungen schlichtweg rechtlich unmöglich. Reicht dann auch bei einer möglichen konjunkturellen Abkühlung das EBITDA noch zur Kapitaldienstfähigkeit aus? Und steigen in dieser Situation die derzeit so "erfreulichen" Zinsen wieder auf ein normales Niveau, sind Probleme mit der Durchfinanzierung absehbar. Spätestens wenn die Banken davon "Wind" bekommen, kippt häufig die gute Stimmung.

Klar ist: Finanzierung und Geschäftsmodell müssen grundsätzlich aufeinander abgestimmt sein - gerade wenn sich Wertschöpfungs- und Investitionsstruktur wesentlich verändern. Vor allem sollten dabei alle Risiken transparent gemacht und in ein Anforderungsprofil an Finanzierungs- und Risikoabsicherungsinstrumente integriert werden. Dann geht es mit einer kompetenten Bank ans "Modellieren": Wie sieht die richtige Struktur der Passivseite aus? Über welche Finanzierungsstrukturen können noch zusätzliche Marktpotenziale erschlossen werden?

Die Globalisierung macht also auch vor dem guten alten kaufmännischen Bereich nicht Halt und was für kapitalmarktorientierte Unternehmen heute schon selbstverständlich ist, muss es auch für Familienunternehmen werden. Die Beziehung zur Hausbank vor Ort ist zwar weiterhin wichtig - für die Zukunftssicherung des Unternehmens reicht sie jedoch nicht aus, wenn die Finanzierungsvolumen groß werden und damit die Bilanzrisiken für die finanzierenden Häuser in einen kritischen Bereich kommen. Konzernfinanzierungen, die auch regional in Anspruch genommen werden können, Teilfinanzierungen über Zwischenholdings, Nutzung von speziellen Instrumenten der Absatzfinanzierung - das sind alles Themen, die einem in einem zunehmend internationaler werden Geschäft zu berücksichtigen sind. Nicht nur Vertrieb und Produktion denken global, auch der Finance-Bereich eines Familienunternehmens sollte es künftig tun.


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