Was sind die angesagten Themen in der Chemie- & Kunststoffindustrie im Jahr 2025? Auf einer Skala von 1-10: Welche Trends scheuchen die Player aus ihrer Komfortzone, welchen „Impact“ haben sie auf die Branche?
Dr. Stephan Hundertmark, Partner bei Dr. Wieselhuber & Partner (W&P) wagt eine Prognose – im Trendradar 2025.
Zukunftsinvestitionen für Standorte prüfen! IMPACT 10
Die Großchemie lenkt Zukunftsinvestitionen zunehmend in andere Regionen der Welt. Dies ist für Unternehmen der stark mittelständisch geprägten Fein- und Spezialchemie nicht so einfach möglich. Und trotzdem braucht es diese Überlegungen in den Unternehmen, deren Erlöse häufig zu über 50% aus der EU kommen und davon zu 70% aus Deutschland. Zugegeben, einfacher ist die Antwort mit dem Ende der globalisierten Weltwirtschaft nicht geworden, in der man innovative Spezialitäten von Deutschland in die Welt exportieren konnte. Zölle und regulatorische Vorgaben zwingen Unternehmen durch die wirtschaftspolitische Blockbildung zu Investitionen in einzelne Regionen, die konsequenterweise neben Vertrieb auch Produktion und F&E für „local content“ erfordern. Da Investitionsmittel begrenzt sind und jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann, sind vollständige Optionentableaus mit echten Alternativen die notwendige Voraussetzung für Entscheidungen im Top-Management.
Geschäftsmodelle konsequent an Chancen der ESG-Transformation ausrichten! IMPACT 8
Das Konzept des „Hype Cycle“ ist bestens bewährt, um wirtschaftliche, technologische oder soziale Disruptionen in Ihrer Reife und zeitlichen Adaption in der Realwirtschaft zu beschreiben. Daher stellt sich die Frage, wo das Thema Nachhaltigkeit aktuell einzuordnen ist. Nachdem das Gros der Unternehmen der Chemie- und Kunststoffindustrie rund um 2020 ambitionierte Klima- und Recyclingziele verkündet hat, werden diese in der jüngsten Vergangenheit auch Großteils leise wieder einkassiert oder verschoben. Das war im Hype Cycle der kurze Weg vom „Gipfel der überzogenen Erwartungen“ hin zum „Tal der Ernüchterung“. Und jetzt? In den Chefetagen der Chemieindustrie sind Geschäftsbereiche und Geschäftsmodelle von der Marktbearbeitung bis in die Leistungserstellung hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit zu hinterfragen und konsequent an Geschäftschancen in der ESG-Transformation auszurichten.
Richtige Mischung zwischen Performance Improvement und Zukunftsinvestitionen angehen! IMPACT 8
Trotz jüngster, verhalten positiver Ausblicke für die Chemie- und Kunststoffindustrie ist es zu früh, um wieder voll auf die konjunkturelle Erholung zu setzen. Dafür bleiben die Prognosen zu volatil und sind zwischen verschiedenen Marktforschern und Forschungsunternehmen teilweise widersprüchlich. Die Management-Agenda braucht 2025 daher die richtige Mischung zwischen Performance Improvement und Zukunftsinvestitionen. Die Fokussierung von Ressourcen, Innovationskraft und Investitionen in Geschäfte, die nachhaltiges Wachstum und stabile Erträge bieten, ist dazu die erste Antwort. Die weiteren Antworten zielen auf die Robustheit des Unternehmens zur Sicherung der eigenständigen Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit. Langfristig betrifft dies die Finanzierungsstruktur, die auch bei schlechten Geschäften tragfähig sein muss und die Notwendigkeit mit Geschäften auch tatsächlich freie, verfügbare Finanzmittel – Free Cash-Flow – zu liefern. Wo im Unternehmen können Kosten gesenkt werden, z.B. beim Working Capital oder in SG&A-Strukturen? Ermöglicht die Liquiditätsplanung und -vorschau jederzeit einen ausreichenden Handlungsspielraum für die Geschäftsführung? Mit Antworten auf diese Fragen sind Unternehmen der Chemie- & Kunststoffindustrie dann auch für das Ende der Krise aufgestellt - selbst wenn die mal wieder länger dauert.