W&P Kommentar
München, 28.01.2020

Der Greta-Effekt – Nachhaltigkeit liegt in der DNA von Familienunternehmen!

Kommentar von Gustl F. Thum, Partner und Experte für Familienunternehmen bei Dr. Wieselhuber & Partner GmbH
Gustl F. Thum
Partner 

Ohne Zweifel: Der inhaltliche Impuls der Klimaschutzaktivisten hat die Prioritäten der Agenda von Politik, Wissenschaft, Gesellschaft und natürlich auch der Wirtschaft deutlich verschoben. Aber was bedeutet dieser „Greta-Effekt“ für die deutschen Familienunternehmen, von denen sich ab morgen wieder viele beim Weltmarktführer-Gipfel in Schwäbisch Hall versammeln?

Familienunternehmen sind per se mit dem übergeordneten Thema der Nachhaltigkeit vertraut. Sie denken in langfristigen Zeiträumen von Generationen, nicht in Quartalen. Seit jeher setzen sie auf strategische Überlegenheit und hohe operative Effizienz für eine erfolgreiche Zukunft – viele davon mit dem Wissen, dass diese nur dann lebenswert sein wird, wenn man auch schonend mit der Umwelt und sorgsam mit den Ressourcen umgeht.

Auch für eine ökologie-orientiertere Unternehmensführung, wie sie von den Aktivisten eingefordert wird, sollte der Ausgangspunkt strategischer Überlegungen und Aktivitäten stets die aktuellen Anforderungen von Markt und Kunde sein. Wie diese nachhaltig und erfolgreich in einem überzeugenden Zukunftsbild berücksichtigen werden können? Dafür braucht es Weitsicht und die Sensibilität, zukünftige Entwicklungen im Unternehmensumfeld zu antizipieren und eigene Kompetenzen und Entwicklungsmöglichkeiten objektiv zu betrachten. Erfolgsmuster der Vergangenheit unter dem Label „Nachhaltigkeit“ einfach nur fortzuschreiben, greift deutlich zu kurz und führt über kurz oder lang in eine Sackgasse - zumal auch nicht jede Entwicklung im Bereich Nachhaltigkeit für das eigene Familienunternehmen relevant sein muss.

Ein Blick zurück zu den Folgen der Ölkrise in den 70er Jahren offenbart hierfür Hebel wie Effizienz, Konsistenz und/oder Suffizienz in Strukturen und Prozessen des Unternehmens, die damals in vielen Branchen Einzug gehalten haben:
  • Substitution durch nachhaltigere, ressourcen-schonendere Produkte und Verfahren (Effizienzstrategie), z.B. in der Verpackungsindustrie
  • Integration des konsistenten Kreislaufgedankens hinsichtlich Materialien und Energie (Konsistenzstrategie), die die Diskussion um Circular Economy z.B. in der Materialwirtschaft prägt
  • Geschäftsmodelle, die direkt auf die Veränderung des Nutzerverhaltens von Kunden abzielen (Suffizienzstrategie), z.B. Carsharing-Geschäftsmodell 

Dies zeigt: Viele Ziele, die Klimaaktivisten verfolgen, haben Unternehmer aller Branchen durchaus seit längerem auf dem Radar. Ihr Stellenwert, die Geschwindigkeit der Umsetzung und teils noch überschaubare Effekte hingegen sind sicher zu diskutieren.

Fazit
Angetrieben von der Motivation, das Unternehmenserbe gut aufgestellt an künftige Generationen zu übergeben, gehört das Prinzip der Nachhaltigkeit seit jeher zur DNA von Familienunternehmern. Ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung sind sich dabei nicht nur bewusst, sondern leben sie in der Region vor Ort in vielerlei Ausprägung. Das Gestaltungsfeld einer ökologisch-nachhaltigen Unternehmensführung ist sicherlich nicht neu für die Familienunternehmen. Das aktuelle Geschäftsmodell sollte dennoch überprüft werden - von der übergeordneten Strategie, über die Frage der markt- und kundenseitigen Bedürfnisse bis hin zur operativen Wertschöpfung. Ein pures „auf die Fahnen schreiben“ von Nachhaltigkeit, reicht hier aufgrund des öffentlichen Druckes nicht.
 
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