Performance-Coach statt Kuschelclub: Gremienarbeit in Familienunternehmen
Kommentar von Gustl F. Thum Managing Partner und Sprecher der Geschäftsführung Dr. Wieselhuber & Partner GmbH
Gustl F. Thum
Managing Partner
Aus der Diskussion um die Corporate Governance von Familienunternehmen ergeben sich in Bezug auf die Funktion und Arbeit von Aufsichts- und Kontrollgremien unterschiedliche Konsequenzen. So ist das Aufgabenspektrum von derartigen Gremien in Familienunternehmen wesentlich weiter zu fassen, da es das Verhältnis von Unternehmen und Eigentümergesellschaftern mit berücksichtigen muss. Die aktuelle Realität zeigt diesbezüglich immer noch ein Ungleichgewicht.
Über die Führung von Familienunternehmen Die wesenseigenen Merkmale von Führung in Familienunternehmen beinhalten zwei fundamental unterschiedliche Systemperspektiven. Während wirtschaftliche Regeln in Unternehmen dominieren, gelten diese in Familien normalerweise nicht ausschließlich, vielmehr herrschen dort auch persönliche, verantwortungsethische Regeln. Eine optimale Gestaltung der Kontroll- und Aufsichtsgremien in Familienunternehmen sucht nun die Symbiose beider Perspektiven.
Regulative an der Schnittstelle von Familie und Unternehmen Die Einrichtung eines Beirats als klassisches Aufsichtsgremium in Familienunternehmen kann aus unterschiedlichen Motiven heraus sinnvoll sein:
Versachlichung der Zusammenarbeit mit den Geschäftsführern
Sicherung der Nachfolge in der Geschäftsführung
Ein vorrangig extern besetzter Beirat mit fachspezifischem Expertenwissen kann als Sparringpartner den komplexen Prozess der Strategiefindung für die Familie moderieren. Ein neutraler Beirat kann auch kritische Themen unparteiisch und objektiv ansprechen. Die Unabhängigkeit des Gremiums gewährleistet so eine ergebnisorientierte Mittlerfunktion zwischen Eigentümern, Management, Mitarbeitern und Kapitalgebern. Vor der konkreten Ausgestaltung des Aufgabenfeldes des Beirats ist durch die Entscheidungsträger des Familienunternehmens über dessen grundsätzliche Funktion als eher beratendes oder stärker kontrollierendes Gremium zu entscheiden:
Gerade in Fällen einer komplexeren Gesellschafterstruktur mit Fremdgeschäftsführern steigt der Bedarf nach einem die Geschäftsführung kontrollierenden Gremium. Dabei ist der Beirat der Geschäftsführung de facto überstellt, da er die Beschneidung der Kompetenzen derselben veranlassen kann. Hauptaugenmerk ist dabei die Frage der nachhaltigen Wertsteigerung und der ordnungsgemäßen Unternehmensleitung durch die Geschäftsführung.
Ein eher beratender Beirat füllt in strategischen Fragen eine bedeutende Funktion für die Geschäftsführung aus. Aufgrund der für Familienunternehmen oftmals flachen Hierarchien, übernimmt der Beirat Stabstellenfunktion und gibt Feedback an die Geschäftsleitung. Die kritische Auseinandersetzung und der offene Meinungsaustausch stehen im Vordergrund. Gerade in Familienunternehmen mit einer aus jüngeren Familienmitgliedern zusammengesetzten Geschäftsleitung, kann ein derartiger Beirat von besonderem Nutzen sein.
Die Realität der Gremienarbeit
Die Gremienarbeit in vielen Familienunternehmen entspricht jedoch oftmals noch nicht den Erwartungen an ein unabhängiges und ergebnisorientiertes Aufsichts- und Beratungsgremium:
Aufgrund der zeitlichen Beanspruchung finden sich in aller Regel vornehmlich Führungskräfte älterer Generationen im Gremium.
Die Zusammensetzung des Gremiums erfolgt oftmals über Kriterien jenseits erfolgsrelevanter Gesichtspunkte.
Ein geringer Anteil der in den Gremien mittelständischer Unternehmen positionierten Fach und Führungskräfte werden einer Leistungskontrolle unterzogen.
Aufgrund des (zumeist) fakultativen Charakters des Gremiums können sich unternehmerisch zweifelhafte Bemessungsgrenzen für Vergütungsmodelle ergeben.
Die Zusammensetzung des Gremiums wird noch zu wenig anhand der markt- und organisationsseitig benötigten Fähigkeiten definiert.
Zudem nimmt der Anteil der parteiisch besetzten Positionen stetig zu, auch als Ergebnis der demographisch induzierten Alterungsentwicklung. So wird das Gremium oftmals als „Kuschelclub“ für die aus dem aktiven Management ausgeschiedenen Führungskräfte gesehen.
Die Optimierung der Leistungserfüllung des Aufsichts- und Kontrollgremiums kann dementsprechend nur über eine entsprechende Qualifikation und Zusammensetzung erfolgen. Für eine höhere Effizienz des Aufsichts- und Kontrollgremiums in Familienunternehmen als „Performancecoach statt Kuschelclub“ muss deshalb Optimierungspotenzial ausgeschöpft werden und zwar in Abhängigkeit des risikopolitischen und strategischen Beitrages des Gremiums, wobei grundlegend fünf Rollen unterschieden werden können:
Zahmer Pensionär: Diese Rolle leistet man sich heute kaum mehr aufgrund der nur sehr eingeschränkten Wertschöpfungsbeiträge.
Kritischer Redner: Er eignet sich für die tiefergehende Analyse der Geschäftsentwicklung als „kaufmännisches Gewissen“, um bei strategischen Höhenflügen die betriebswirtschaftliche Bodenhaftung zu sichern.
Strategischer Macher: Er dient der Verknüpfung von strategischer Überlegung und pragmatischen Umsetzungsmaßnahmen.
Fragender Außenseiter: Aufgrund der fehlenden Branchenkompetenz verfügt dieser über das nötige kritische Potenzial, um Problempunkte gezielt anzusprechen, politische Bedenken zu ignorieren und unorthodoxe Wege zu gehen.
Intimer Insider: Durch seine Branchenkenntnis und den Unternehmenseinblick übt er prägenden Einfluss auf das Unternehmen aus.
Angesichts des steigenden Risiko und Strategiegehalts unternehmerischer Entscheidungen im Transformationsprozess der Branchen sind als Rollen zunehmend „fragende Außenseiter“ und „intime Insider“ gefragt. Darüber hinaus ist das branchen- und themenspezifische Fachwissen des einzelnen Beiratsmitgliedes individuell zu prüfen vor dem Hintergrund der jeweiligen Unternehmenssituation, seiner künftigen strategischen Ausrichtungen und der bereits im Gremium gebündelten Erfahrungen.
Die Ausübung der Kontrolle über ein Familienunternehmen und dessen Erfolgsfaktoren obliegt in aller Regel dem Eigentümer bzw. der Eigentümerfamilie. Spätestens dann aber, wenn das Familienunternehmen mehrere Gesellschafter hat, sollten auch diejenigen Familienunternehmen, die dazu gesetzlich nicht verpflichtet sind, ein freiwilliges Kontrollorgan installieren. Zur Verbesserung von Objektivität und Qualität würde es sich empfehlen, familienfremden Sachverstand in das Kontrollorgan zu integrieren. Denn gerade in Anbetracht der langfristigen, auf Generationen ausgerichteten Erfolgsorientierung der Familienunternehmen ist die Beratung und Kontrolle der Unternehmensleitung durch professionell besetzte Gremien von existentieller Bedeutung.
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Performance-Coach statt Kuschelclub: Gremienarbeit in Familienunternehmen
Über die Führung von Familienunternehmen
Die wesenseigenen Merkmale von Führung in Familienunternehmen beinhalten zwei fundamental unterschiedliche Systemperspektiven. Während wirtschaftliche Regeln in Unternehmen dominieren, gelten diese in Familien normalerweise nicht ausschließlich, vielmehr herrschen dort auch persönliche, verantwortungsethische Regeln. Eine optimale Gestaltung der Kontroll- und Aufsichtsgremien in Familienunternehmen sucht nun die Symbiose beider Perspektiven.
Regulative an der Schnittstelle von Familie und Unternehmen
Die Einrichtung eines Beirats als klassisches Aufsichtsgremium in Familienunternehmen kann aus unterschiedlichen Motiven heraus sinnvoll sein:
Ein vorrangig extern besetzter Beirat mit fachspezifischem Expertenwissen kann als Sparringpartner den komplexen Prozess der Strategiefindung für die Familie moderieren. Ein neutraler Beirat kann auch kritische Themen unparteiisch und objektiv ansprechen. Die Unabhängigkeit des Gremiums gewährleistet so eine ergebnisorientierte Mittlerfunktion zwischen Eigentümern, Management, Mitarbeitern und Kapitalgebern. Vor der konkreten Ausgestaltung des Aufgabenfeldes des Beirats ist durch die Entscheidungsträger des Familienunternehmens über dessen grundsätzliche Funktion als eher beratendes oder stärker kontrollierendes Gremium zu entscheiden:
Die Realität der Gremienarbeit
Angesichts des steigenden Risiko und Strategiegehalts unternehmerischer Entscheidungen im Transformationsprozess der Branchen sind als Rollen zunehmend „fragende Außenseiter“ und „intime Insider“ gefragt. Darüber hinaus ist das branchen- und themenspezifische Fachwissen des einzelnen Beiratsmitgliedes individuell zu prüfen vor dem Hintergrund der jeweiligen Unternehmenssituation, seiner künftigen strategischen Ausrichtungen und der bereits im Gremium gebündelten Erfahrungen.
Die Ausübung der Kontrolle über ein Familienunternehmen und dessen Erfolgsfaktoren obliegt in aller Regel dem Eigentümer bzw. der Eigentümerfamilie. Spätestens dann aber, wenn das Familienunternehmen mehrere Gesellschafter hat, sollten auch diejenigen Familienunternehmen, die dazu gesetzlich nicht verpflichtet sind, ein freiwilliges Kontrollorgan installieren. Zur Verbesserung von Objektivität und Qualität würde es sich empfehlen, familienfremden Sachverstand in das Kontrollorgan zu integrieren. Denn gerade in Anbetracht der langfristigen, auf Generationen ausgerichteten Erfolgsorientierung der Familienunternehmen ist die Beratung und Kontrolle der Unternehmensleitung durch professionell besetzte Gremien von existentieller Bedeutung.