Kommentar von Lars Richter, Partner der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH
Der Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 28.11.2016 hat die Anwendung der typischen bilanziellen Sanierungswerkzeuge (z.B. Forderungsverzicht, Debt-to-Equity etc.) zumindest temporär erheblich erschwert. Warum? Insbesondere die Wiederherstellung des bilanziellen Eigenkapitals wird oftmals mit der nachhaltigen Sanierung verbunden. Sie beinhaltet zahlreiche interessante Aspekte, die auch schon vom BGH behandelt wurden (z.B. im Kontext von II ZR 277/03 bzw. IX ZR 65/14).
Die Meinungen, ob die Sanierungsfähigkeit dabei zwingend auch die Wiederherstellung des bilanziellen Eigenkapitals erfordert, sind allerdings vielfältig: Für den IDW gilt die Wiederherstellung des bilanziellen Eigenkapitals als zwingend notwendig. Die oben genannte BHG-Rechtsprechung hingegen kann vielfältiger ausgelegt werden. Auch einige führende, internationale Rechtsanwaltskanzleien sehen dies nicht als zwingende Voraussetzung, sondern vertreten die Meinung, dass es keinen rechtlichen Anlass gibt, die Sanierungsfähigkeit auch ohne bilanzielles Eigenkapitals zu verweigern (vgl. auch ZIP 2017, 710). Voraussetzung: Die Liquidität ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachhaltig, also auch über den Planungshorizont hinaus ausreichend, um alle Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu bedienen.
Geht man davon aus, dass die Zahlungsfähigkeit nicht zwingend mit der Ertragskraft des Unternehmens korreliert - schließlich kann ein Unternehmen auch mit der „schwarzen Null“ (nachhaltig) zahlungsfähig sein - stellt sich jedoch die Frage: Hat ein Unternehmen mit einer derartigen wirtschaftlichen Performance am Markt eine Daseinsberechtigung? Ist seine organische Investitionskraft nicht zu „eingeschränkt“? Steht dieser Ansatz einer nachhaltigen Sanierung nicht völlig im Weg?
Die divergierenden Ansätze machen es sicher spannend zu beobachten, wie die Umsetzung der vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahren aussehen wird – beschränkt auf Finanzgläubiger oder ausgelegt auf ein ganzheitliches Verfahren, inklusive leistungswirtschaftlicher Sanierung. In der Diskussion darf jedoch nicht vergessen werden: Mehr denn je bedeutet Sanierung, die Verschuldung in einem möglichst kurzen Zeitraum zu senken! Aus dem operativen Geschäftsmodell darf nachhaltig kein Verlust generiert werden, EBITDA und Verschuldung müssen kurzfristig wieder in ein adäquates Verhältnis zueinander gebracht werden. Nur dann besteht auch die Chance für eine nachhaltige Sanierung!
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Nachhaltige Sanierung auf Abwegen?
Die Meinungen, ob die Sanierungsfähigkeit dabei zwingend auch die Wiederherstellung des bilanziellen Eigenkapitals erfordert, sind allerdings vielfältig: Für den IDW gilt die Wiederherstellung des bilanziellen Eigenkapitals als zwingend notwendig. Die oben genannte BHG-Rechtsprechung hingegen kann vielfältiger ausgelegt werden. Auch einige führende, internationale Rechtsanwaltskanzleien sehen dies nicht als zwingende Voraussetzung, sondern vertreten die Meinung, dass es keinen rechtlichen Anlass gibt, die Sanierungsfähigkeit auch ohne bilanzielles Eigenkapitals zu verweigern (vgl. auch ZIP 2017, 710). Voraussetzung: Die Liquidität ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachhaltig, also auch über den Planungshorizont hinaus ausreichend, um alle Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu bedienen.
Geht man davon aus, dass die Zahlungsfähigkeit nicht zwingend mit der Ertragskraft des Unternehmens korreliert - schließlich kann ein Unternehmen auch mit der „schwarzen Null“ (nachhaltig) zahlungsfähig sein - stellt sich jedoch die Frage: Hat ein Unternehmen mit einer derartigen wirtschaftlichen Performance am Markt eine Daseinsberechtigung? Ist seine organische Investitionskraft nicht zu „eingeschränkt“? Steht dieser Ansatz einer nachhaltigen Sanierung nicht völlig im Weg?
Die divergierenden Ansätze machen es sicher spannend zu beobachten, wie die Umsetzung der vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahren aussehen wird – beschränkt auf Finanzgläubiger oder ausgelegt auf ein ganzheitliches Verfahren, inklusive leistungswirtschaftlicher Sanierung. In der Diskussion darf jedoch nicht vergessen werden: Mehr denn je bedeutet Sanierung, die Verschuldung in einem möglichst kurzen Zeitraum zu senken! Aus dem operativen Geschäftsmodell darf nachhaltig kein Verlust generiert werden, EBITDA und Verschuldung müssen kurzfristig wieder in ein adäquates Verhältnis zueinander gebracht werden. Nur dann besteht auch die Chance für eine nachhaltige Sanierung!