Mitglied der Geschäftsleitung bei Dr. Wieselhuber & Partner
Die Führung eines Unternehmens in einer Krisensituation - in Praxis und Theorie ist das ein häufig stiefmütterlich behandeltes Thema. Dabei unterscheidet sich eine Krisensituation in Hinblick auf die Führung von einer "normalen Situation" ganz wesentlich:
- Sehr hohe Öffentlichkeitswirksamkeit des Managementhandels - nur die wenigsten Krisen bleiben "geheim"
- Heterogene Interessenslagen der Stakeholder und hohes Konfliktpotenzial bei der Interessensdurchsetzung
- Geringe Fehlertoleranz der Stakeholder gegenüber dem Management
- Starke Verunsicherung der Mitarbeiter und unter Umständen niedriges Motivationsniveau
- Dringlichkeit und Zeitdruck zu entscheiden und zu handeln
- Hohe Ungewissheit hinsichtlich der Entscheidungsfolgen
- Teilweiser Verlust der Kontrolle über Abläufe und Ereignisse
Typisch für eine Krise ist die Häufung dieser Gegebenheiten. Um adäquat zu reagieren ist - neben der inhaltlichen Antwort - vor allem eine situationsspezifische Führung notwendig. Doch was genau mach einen guten Krisenmanager aus, was kennzeichnet seinen Führungsstil? Zum einen muss er in der Lage sein, Menschen "ins Boot zu holen", um so diejenigen im Unternehmen zu halten, die eine wichtige Rolle bei der Krisenbewältigung spielen. Es sollte ihm gelingen, Mitstreiter um sich zu scharen, die die Task Force des Managements bilden. Denn: Für die Motivation der Mitarbeiter ist die Präsenz des Managements - das "Sichtbar-Sein" - von großer Bedeutung. Zum anderen sollte er offen für Veränderung sein, denn: Nur wer bei der Führung Dinge selbst in Frage stellt oder zulässt, dass sie in Frage gestellt werden, wird erfolgreich sein.
Erfolgsfaktor 2: Zeit
Zeit ist eine kritische Ressource. Lange Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse können sich kontraproduktiv auf die Krisenbewältigung auswirken. Eine organisatorische Zentralisierung von Entscheidungen auf die richtigen Personen kann Prozesse im Unternehmen entscheidend beschleunigen. Dies birgt allerdings zwei wesentliche Risiken: Zum einen besteht die Gefahr, dass die Entscheider selbst zum zeitlichen Engpass werden, wenn eine Vielzahl von Entscheidungen anstehen. Zum anderen ist nicht auszuschließen, dass aufgrund einer Konzentration auf wenige Person wichtiges Detailwissen nicht in die Entscheidungen einfließt. Entsprechende Projektarbeit in der Entscheidungsvorbereitung ist also A und O, da die Arbeit auf mehrere Schultern verteilt wird und gleichzeitig die Möglichkeit bietet, unterschiedliche Sichtweisen in die Entscheidungsvorbereitung einzubringen. Die Notwendigkeit einer hohen Kontrollintensität resultiert daraus, dass es in Krisensituationen meist auch um persönliche Haftungsfragen für die Organe des Unternehmens geht.
Klar ist: In der Krise ist Fingerspitzengefühl gefragt - auf fachlicher und inhaltlicher genauso wie auf menschlicher Ebene. Das Management eines Unternehmens sollte deshalb das Thema Führung in einer Krisensituation besonders bewusst und situationsadäquat gestalten.