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So klar das Urteil erscheint: Der vorsitzende Richter hatte sich dennoch bewusst Zeit für die Entscheidung genommen. Denn die Komplexität von Design- und Markenrechtsfällen nimmt auf Grund struktureller Ursachen stetig zu: Hersteller alkoholischer Getränke diversifizieren verstärkt in das alkoholfreie Segment, um auf stagnierende Entwicklungen in ihren Ursprungskategorien zu reagieren. Die Folge: Mehr Produkte, mehr Designs, mehr Nähe im Regal – und damit eine wachsende Wahrscheinlichkeit gestalterischer Überschneidungen. Jeder Fehler im Designprozess kann zu einem wirtschaftlich relevanten Schaden führen. Neue Produkte werden nicht nur entworfen, sondern vorproduziert und ausgeliefert. Kommt es dann zu einer juristischen Niederlage, drohen Rückruf, Entsorgung, Imageschäden – und die vollständige Übernahme der Verfahrenskosten. Für die betroffenen Unternehmen ein reales Risiko.
Umso entscheidender ist es, derartige Konflikte frühzeitig zu vermeiden – oder im Fall eines Streitfalls zügig und objektiv zu lösen. Künstliche Intelligenz kann dabei einen wertvollen Beitrag leisten. Produkte lassen sich damit nicht nur hinsichtlich ihrer gestalterischen Attribute systematisch auswerten, sondern auch gezielt konzipieren: als Teil eines datenbasierten und markenstrategischen Produktentwicklungsprozesses.
Im Streitfall Paulaner gegen Berentzen zeigt die KI-gestützte Analyse: Von sieben Hauptfarben, die bei Paulaner verwendet werden, finden sich sechs auch auf dem Etikett von Mio Mio Cola+Orange. Auch der grafische Aufbau weist Parallelen auf: Beide Etiketten setzen auf klar strukturierte Farbabgrenzungen und lineare Muster. Unterschiede zeigen sich in der Gewichtung der Farbflächen – Paulaner betont Gelb, Mio Mio eher Lila – doch der Gesamteindruck bleibt visuell nah. Damit stellt sich zunehmend die Frage, wo Kategorie-Codes enden – und wo markenspezifische Farbentscheidungen beginnen, die unter Umständen rechtlich geschützt sein sollten. Durch automatisierte Auswertungen von Etiketten, etwa über E-Commerce-Crawling oder Store-Check-Dokumentation, lassen sich etablierte Farb- und Gestaltungscodes ganzer Warengruppen erfassen. So wird vorab sichtbar, welche visuellen Muster vom Wettbewerb bereits besetzt sind – und welche Differenzierungsoptionen realistisch bestehen.
Der Fall Paulaner vs. Berentzen zeigt eindrücklich: Produktgestaltung ohne KI ist künftig kein kalkulierbares Risiko mehr, sondern ein unternehmerisches Wagnis. Die Frage lautet nicht mehr ob, sondern nur noch wie schnell Marken KI in ihren Entwicklungsprozess integrieren.